Für mich ist das Schreiben ein Ausflug in die Vergangenheit, der nicht immer angenehm, aber unglaublich spannend ist. Hier nun der Prolog des Buches. Ich hoffe, dass ich damit Eure Neugier wecken kann, denn auch wenn ich meine Geschichte erzähle - am Ende geht es nicht um mich, sondern um viel mehr. Aber lest selbst:
Prolog
„Die, die jahrelang Schikanen wegen ihres
Ausreiseantrages ausgesetzt waren, schienen nun zum zweiten Mal ihre Heimat
verloren zu haben, als die angepassten, stonewashed Jeans tragenden Ossis am 9.
November freudetrunken über den Ku’Damm liefen.“ (Aus „Wein mit zuviel
Wermut“ 2003 Bürgerbüro e.V.)
Als Kind hatte ich einen immer wiederkehrenden Traum. Ich
renne auf einer Tartanbahn, verausgabe mich so, als ob es darum geht, um mein
Leben oder um das eines geliebten Menschen zu laufen. Ich weiß, ich bin an der
Spitze, habe es fast geschafft, niemand ist vor mir, das Ziel ist in Sicht und plötzlich
passiert es. Von hinten kommen sie angerannt. Menschen, deren Gesichter ich kenne.
Sie laufen hämisch lachend und ohne Anstrengung an mir vorbei, nehmen meine Energie auf
und ich spüre, dass all die Mühen umsonst waren. Meine Beine versagen mir den
Dienst, ich will weiterrennen, aufholen, bewege mich aber wie in einer Blase
aus klebrigem Schleim und komme keinen Zentimeter mehr voran. Aus meinem Mund
dringt ein stummer Schrei, den niemand außer mir hört. Er verebbt auf dem Weg nach
draußen und übrig bleibt ein dumpfes Grollen, das sich schmerzhaft tief in mein
Innerstes zurückzieht, als die anderen das Ziel vor mir erreichen.
Als ich am 10. November 1989 auf Westberliner Seite am Grenzübergang Moritzplatz im Gerangel stand und mit ansah, wie die Massen aus Ostberlin Westberliner Boden okkupierten, kam mir dieser Traum wieder in den Sinn. Denn obwohl ich, wie so viele andere an diesem Tag Freudentränen weinte, gab es doch eine bittere und schmerzhafte Enttäuschung in mir – eine, die nicht treffender formuliert sein könnte, als mit den eingangs zitierten Worten.
Auch ich habe mit dem Fall der Mauer und dem Ende der DDR ein zweites Mal meine Heimat verloren. Denn plötzlich liefen die, die mich verurteilt, gemobbt, tyrannisiert, psychisch gequält, ausgelacht, verletzt, schikaniert, unter Druck gesetzt, ausspioniert, verleugnet und meiner Freiheit beraubt hatten, wie einst im Traum lachend an mir vorbei und bejubelten das Ende der DDR mit derselben Inbrunst, mit der sie der Republik bislang treu gedient hatten. Sie liefen an mir vorbei und bemächtigten sich damit meines und des Sieges all jener Menschen, die den Mut hatten, weit vor dem 8. November 1989 aufzustehen und der DDR-Diktatur die Stirn zu bieten.
Meine Gründe auszureisen, waren zunächst nicht politischer, sondern familiärer Natur. Dass sich das im Laufe der zweieinhalbjährigen Wartezeit gewandelt hat, ist Teil dieser Geschichte. Sicher habe ich nur einen Bruchteil von dem Leid erfahren, das andere Ausreisewillige durchleben mussten, die inhaftiert, gefoltert und seelisch gebrochen wurden. Ich hoffe, dass ich mit diesem Buch dazu beitragen kann, dass deren Leid niemals vergessen oder durch pseudo-romantische, ost-nostalgische Verklärungen aufgeweicht und schöngeredet wird. Die Mitläufer, Ausspionierer, Schikanierer, Betrüger und Tyrannen von einst sind nach wie vor unter uns. Das sollten wir niemals aus unseren Köpfen verdrängen.
Als ich am 10. November 1989 auf Westberliner Seite am Grenzübergang Moritzplatz im Gerangel stand und mit ansah, wie die Massen aus Ostberlin Westberliner Boden okkupierten, kam mir dieser Traum wieder in den Sinn. Denn obwohl ich, wie so viele andere an diesem Tag Freudentränen weinte, gab es doch eine bittere und schmerzhafte Enttäuschung in mir – eine, die nicht treffender formuliert sein könnte, als mit den eingangs zitierten Worten.
Auch ich habe mit dem Fall der Mauer und dem Ende der DDR ein zweites Mal meine Heimat verloren. Denn plötzlich liefen die, die mich verurteilt, gemobbt, tyrannisiert, psychisch gequält, ausgelacht, verletzt, schikaniert, unter Druck gesetzt, ausspioniert, verleugnet und meiner Freiheit beraubt hatten, wie einst im Traum lachend an mir vorbei und bejubelten das Ende der DDR mit derselben Inbrunst, mit der sie der Republik bislang treu gedient hatten. Sie liefen an mir vorbei und bemächtigten sich damit meines und des Sieges all jener Menschen, die den Mut hatten, weit vor dem 8. November 1989 aufzustehen und der DDR-Diktatur die Stirn zu bieten.
Meine Gründe auszureisen, waren zunächst nicht politischer, sondern familiärer Natur. Dass sich das im Laufe der zweieinhalbjährigen Wartezeit gewandelt hat, ist Teil dieser Geschichte. Sicher habe ich nur einen Bruchteil von dem Leid erfahren, das andere Ausreisewillige durchleben mussten, die inhaftiert, gefoltert und seelisch gebrochen wurden. Ich hoffe, dass ich mit diesem Buch dazu beitragen kann, dass deren Leid niemals vergessen oder durch pseudo-romantische, ost-nostalgische Verklärungen aufgeweicht und schöngeredet wird. Die Mitläufer, Ausspionierer, Schikanierer, Betrüger und Tyrannen von einst sind nach wie vor unter uns. Das sollten wir niemals aus unseren Köpfen verdrängen.
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